Offen in viele Richtungen: Sorbische Kultur auf der Leipziger Buchmesse

Das sorbische Podium auf der Leipziger Buchmesse 2016. Foto Detlef M. Plaisier

Das sorbische Podium auf der Leipziger Buchmesse 2016. Foto Detlef M. Plaisier

Etwa 60.000 Menschen werden dem sorbischen Kulturkreis zugerechnet, so eine Schätzung aus der Wendezeit. Davon leben rund zwei Drittel in der sächsischen Oberlausitz. Geschätzt 20.000 bis 25.000 Menschen sprechen noch aktiv Sorbisch. Das Sorbische kennt zwei Haupt-Schriftsprachen: Obersorbisch, dem Tschechischen  und Slowakischen nahestehend, und Niedersorbisch, das der polnischen Sprache ähnlicher ist. Dazu gibt es zahlreiche Grenzdialekte. Die ersten Druckerzeugnisse in beiden Sprachen waren übrigens Werke von Martin Luther. Niedersorbisch ist akut vom Aussterben bedroht (hier bereits 2003 beschrieben). Dies ist eine besondere Herausforderung für Künstler sorbischer Sprache.

Zwischen den sorbischen Literaten gibt es seit Jahrhunderten Ost-West-Kontakte. Diese Linien werden jetzt in der überregionalen deutschen Zeitschrift für Literatur und Kunst BAWÜLON nachvollzogen. Die Publikation aus dem Ludwigsburger POP-Verlag fühlt sich der europäischen Idee verpflichtet. Die Ausgabe 1/2016 vereint Sorben und ihre Freunde in einer prachtvollen Edition auf über 270 Seiten.

Sorbischer Dudelsack. Foto Detlef M. Plaisier

Sorbischer Dudelsack. Foto Detlef M. Plaisier

Speerspitze der sorbischen Kultur ist die Domowina, der Bund Lausitzer Sorben e. V., der im Jahr 1912 einhundert Jahre seines Bestehens feierte. Jedes Jahr in Bautzen wird ein internationales Fest der sorbischen Poesie gefeiert. Ebenfalls in Bautzen vertritt seit 1958 der Domowina-Verlag als Nationalitätenverlag der Sorben das sorbische Schrifttum. In der Reihe „Die sorbische Bibliothek“ wird sorbische Literatur in deutscher Sprache verlegt, es gibt sorbische Kinderbücher, und Schulen werden mit Lehrmaterial in sorbischer Sprache versorgt. In der Smoler’schen Verlagsbuchhandlung mit Antiquariat steht die gesamte Palette sorbischer Literatur zur Verfügung.

Mein persönlicher Kontakt zur sorbischen Kultur ist Marion Quitz, vielseitige Künstlerin mit Wohnsitz Leipzig und Frontfrau der sorbischen Band Kupazukow. Ihr Engagement zeigt mir, welchen Stellenwert das Gefühl der Heimat im Leben hat. Ich habe das erst spät erkannt. Mein Weg nach Ostfriesland ist der Ausdruck dieses Gefühls.