In eigener Sache: Biografie „Bubis Kinnertied“ wird auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt

cover-3Vor exakt einem Jahr hatte ich hier berichtet, dass mein Manuskript „auf der Zielgerade“ sei. Auf der Leipziger Buchmesse 2016 übergab ich den Text an den Acabus Verlag, und nun ist es soweit: Nach einem Jahr toller und vertrauensvoller Zusammenarbeit präsentiere ich „Bubis Kinnertied“ in Leipzig auf der Buchmesse.

Ich bin erleichtert, stolz, froh, dankbar… Viele Menschen haben mich selbstlos unterstützt, und allen sage ich auch hier herzlich DANKE. Wer mich auf der Buchmesse besuchen möchte, findet den Acabus Stand in Halle 2 / H 325. Während der vier Messetage gebe ich fünf Lesungen – über einen Besuch würde ich mich riesig freuen!

Hier findet ihr mein Autorenprofil und einen Vorgeschmack aufs Buch:
http://www.acabus-verlag.de/autoren_31/plaisier-detlef-m_1130.htm
Hier stehen die Lesungstermine:
https://www.amazon.de/Detlef-M.-Plaisier/e/B008HPSRWI

Gewinnspiel zur Leipziger Buchmesse 2016: Sendet mir ein Foto!

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UPDATE 01.04.2016
Leider wird es kein großes Album. Ich bin sehr enttäuscht über die Teilnahme. Ganze drei Fotos sind eingegangen, während von meinen Followern ganze Alben auf Facebook gepostet werden. So habe ich keine (Aus-)Wahl und löse mein Versprechen ein: Alexandra Richter und Claudia Perc erhalten je ein Überraschungsbuch. Die Daten klären wir über Mail. Viel Spaß beim Lesen – ich hoffe, es trifft euren Geschmack!

UPDATE: Da ich erfahren habe, dass der Mailzugang zwei Tage lang blockiert war, wird der Einsendeschluss bis Ostermontag, 28. März, 23:59 Uhr verlängert.

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Auch in diesem Jahr gibt es ein Gewinnspiel zur Leipziger Buchmesse. Diesmal können alle teilnehmen, die in diesem Jahr zur Buchmesse vor Ort sind.

Sendet mir euer liebstes Foto!

Das kann vom Gelände sein oder aus der Stadt, von einer Lesung oder einem Stand, einer Begegnung mit dem Lieblingsautor oder der Manga-Con… Ihr habt die Wahl. Ich werde die Fotos auch nicht werten, sondern unter allen Teilnehmern zwei Überraschungsbücher auslosen (Versand auch ins Ausland). Einzige Bedingung: Keine Bilder aus dem Archiv, sondern von der #lbm16.

So entsteht ein kleines persönliches Archiv als Erinnerung, das für alle immer abrufbar ist.

Leider kann man hier mit einem Kommentar kein Foto anpinnen. Macht euch bitte die kleine Mühe und sendet das Foto an anfrage@detlef-plaisier.de; ich stelle es dann hier ein.

Teilnahmeschluss ist drei Tage nach der Buchmesse, also Mittwoch, 23. März 2016, 23:59. Und wie immer gilt: Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Ich bin gespannt auf eure Eindrücke von Leipzig!

COMPACT auf der Leipziger Buchmesse: Der Versuch, Menschenhetze weichzuspülen

Fotos (2): Detlef M. PlaisierDer Stand des COMPACT-Magazins in Halle 5 war nicht zu übersehen. Die Größe bis zur Decke lockte viele jüngere Leute an. Am Stand selbst habe ich eine bedrohliche Atmosphäre verspürt: Vor und hinter dem Tresen waren Security-Kräfte verteilt, die vereinzelt verbal und körperlich nicht zimperlich waren. Kritische Besucher am Stand, die versuchten, in eine Diskussion einzutreten, wurden mehrfach unter körperlicher Bedrängung zum Weitergehen aufgefordert. Mein Versuch, die beiden Spendenboxen am Stand zu fotografieren, wurde massiv behindert. Ein anderer Pressevertreter berichtete mir, er sei während der Fotoaufnahmen gefilmt worden.    

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Fotos (2): Detlef M. Plaisier

Die COMPACT-Dialektik aus Magazin und sozialen Medien wurde in den Gesprächen seitens der Standmitarbeiter strikt vermieden. Keine Merkeldiktatur, keine Lügenpresse, kein Politikerpack. Ob Jürgen Elsässer da ähnlich zurückhaltend geblieben wäre? Er hatte wegen „eines schweren Krankheitsfalls in der Familie“ kurzfristig seine Anwesenheit in Leipzig abgesagt. Deutlicher wurde Martin Müller-Mertens, Chef vom Dienst des COMPACT-Magazins, bei der Vorstellung des COMPACT Spezial Nummer 9 „Zensur in der BRD“. Da werden Eva Hermann, Jürgen Elsässer, Elmar Hörig, Ken Jebsen und Akif Pirincci zu „Schicksalen und Opfern der Meinungszensur“; derselbe Elmar Hörig, der nach den Anschlägen auf dem Brüsseler Flughafen am 22. März twitterte (41 Likes, 8x geteilt)

„Musste es unbedingt der Brüsseler Flughafen sein ? Europaparlament hätte voll und ganz gereicht ihr kranken Arschlöcher

Zensur, so MMM, werde aktuell in Deutschland durch „öffentliche Hinrichtung“ betrieben. „Mißliebige Autoren“ würden durch Medienkampagnen „fertiggemacht“, es gebe Rufmord und Bedrohungen. Philosoph Peter Feist, Gesprächspartner von MMM, erläuterte das COMPACT-Motto „Mut zur Wahrheit“: „Die Wahrheit ist das Ganze, und COMPACT steht für den Teil der Wirklichkeit, der normalerweise weggelassen wird.“ Auch hier: Keine Merkeldiktatur, keine Lügenpresse, kein Politikerpack. Peinlich wurde es, als MMM aus dem Publikum aufgefordert wurde, die umstrittene „KZ-Äußerung“ von Akif Pirincci zu zitieren, wobei er sich wand und kläglich versagte.

Die vier Tage auf der Leipziger Buchmesse kommentierte MMM auf der COMPACT-Internetseite direkt am Tag danach, und da gab es keine Zurückhaltung mehr:

„Eine erwartete Provokation war unser Messestand dagegen für Feinde von Demokratie und Pressefreiheit, die sich leider auch in Leipzig breitmachen konnten…  Natürlich ließ sich COMPACT von der sich links nennenden Neo-SA nicht einschüchtern. Dennoch war und sind wir entsetzt, welches Klima der Angst und Einschüchterung Antidemokraten in Leipzig offenbar vorschwebt.“

Zu weiteren Eindrücken rund um COMPACT möchte ich auf die Kollegen von SPIEGEL ONLINE verweisen.

Schöne Bücher im Wandel der Zeit: 50 Jahre Stiftung Buchkunst

Es ist wunderbar zu sehen, wenn ein Buchmensch in seiner Aufgabe aufgeht und sein Gesicht dabei „Bände spricht“. So geschehen zum Auftakt des zweiten Buchmessetages bei der Pressepräsentation zu 50 Jahren Stiftung Buchkunst. Geschäftsführerin Katharina Hesse ist einer meiner bleibenden Eindrücke von der diesjährigen Buchmesse. Wie ich sie erlebt habe, sagt Band 2 des Wörterbuches der  deutschen Sprache von Joachim-Heinrich von Campe (Braunschweig, 1808):

„Ein sprechendes Gesicht, das viel Ausdruck hat, besonders, viel Geist, Lebhaftigkeit verräth.“

Was sie erzählt hat? Hier nachlesen.
Danke für die Fotos an Gerd Eiltzer

buchmesse:blogger sessions – Agieren Blogger zu flauschig? Eine Keynote als Provokation

Anja Bagus lieferte vor der Leipziger Buchmesse einen Aufreger für Autoren und Blogger mit der provokativen Frage, ob denn ein Lektorat ein Qualitätskriterium für ein Buch sein könne. Am Buchmessesonntag gegen elf Uhr startete die nächste Rakete. Und auch diese Provokation war geplant und getimt: Auf der ersten Bloggerkonferenz der Leipziger Buchmesse eröffnete Karla Paul den Diskussionssonntag mit einer zunächst harmlos klingenden Aufforderung an Literaturblogger. „Raus aus der Flauschzone!“, so ihr Appell. 17 Minuten Explosives. Mir wurde das erst beim Nachlesen und Nachhören klar.

@Buchkolumne

@Buchkolumne

Und weil ich mir noch nicht klar bin, inwieweit ich dieser Revolution folgen werde und inwieweit dies meinen Bloggeralltag und das Aussehen meines Blogs verändern könnte, möchte ich an dieser Stelle nur einige Denkanstöße geben. Lassen wir Karla Paul zu Wort kommen (Hervorhebungen von mir):

„[1] Stets wird sehr gönnerhaft über diese paar Blogger gesprochen, die Bücher mit Heißgetränken auf Instagram posten, die für ihre Lektüre Schmetterlingspunkte vergeben, sich gegenseitig via Facebook Blogstöckchen zuwerfen und deren Seiten vor Flausch kaum ladbar sind. Niedlich, dieses herzige kleine Ökosystem Young-Adult-lesender Katzenbesitzer, die ihre Bücher nach Farbe sortieren und zum aktuellen Lieblingsbuch gleich noch den passenden Tee samt Nagellack empfehlen.

Niedlich ist hier einzig und allein die Naivität des Feuilletons samt derer Redakteure, für deren angeblich so wichtige Tradition sich niemand mehr außerhalb ihrer eigenen Welt interessiert – die Literatur ist bereits vor Jahren ins Netz abgewandert und wait, sorry not sorry, sie hat nicht einmal um Erlaubnis gefragt.

[2] Aber verdammt noch eins, wir haben 2016 – kommt endlich raus aus Eurer Emo-Flauschzone und stellt Euch der dringend notwendigen Professionalität, denn Ihr macht Werbung für das wichtigste Medium überhaupt. Literatur verändert Menschen und benötigt Euch als Botschafter. Wo Mode- und Lifestyleblogs längst zu eigenen Unternehmen geworden sind, habt Ihr weder Mediadaten noch Nutzeranalysen, SEO-Optimierung ist ein Fremdwort, kein Affiliatesystem und auf Nachfrage reicht Euch allein das Herzblut, aber excuse me – davon kann man keine Miete bezahlen. Ihr liebt Literatur? Dann steht dafür auf und beweist, dass Euch das Thema so wichtig ist, dass Bücher so lebensverändernd sind, dass sich die Instagram-Fans lieber den neuen Juli Zeh Roman anstatt den Bibis Beautypalace Bodyschaum kaufen. Literatur ist eine Milliardenindustrie und Ihr findet ernsthaft kein anderes Geschäftsmodell als Herzblut? Verlage geben lieber Millionen an Marketingbudget für Plakatwände und Zeitungsanzeigen aus als für Euch, weil Ihr Euch mit Sprechstunden, Leseexemplaren und Geschenkpäckchen für zehn Euro zufrieden gebt, dabei hat Eure Arbeit einen nachweisbaren Wert. Der Kauf ist nur einen Klick entfernt und die Leser vertrauen Euch längst weit mehr als jedem Journalisten.

Ist meine Meinung weniger wert, nur weil ich mit Literatur tatsächlich meinen Lebensunterhalt verdiene oder vielleicht sogar mehr, weil ich meine Arbeit rund ums Buch mit Selbstbewusstsein und Zahlen untermauere, weil ich für meine Haltung einstehe und ganz klar die Folgen und den Einfluß meiner Empfehlungen komuniziere? Warum stehe ich hier und Ihr nicht, obwohl ich im letzten Jahr nicht einmal ein halbes Dutzend Rezensionen geschrieben habe? Und sagt jetzt nicht: ich will wie Karla werden. Werdet gefälligst besser!

Wir haben zusammen die Literatur demokratisiert, wir geben ihr im Netz tausend Stimmen und Möglichkeiten. Die Zeiten sind vorbei, dass wir uns als Nerds belächeln lassen müssten, dass wir einsam und allein in der Ecke sitzen und einzig die jeweiligen Buchcharaktere als Freunde haben.

[3] Professionelles Arbeiten und Leidenschaft schließen sich nicht aus, ganz im Gegenteil – zusammen macht es uns besser, lasst Euch nichts anderes erzählen. Ich hoffe, dass Ihr von dieser Messe und auch dieser Veranstaltung neben viel Motivation sehr viel neues Wissen mitnehmt und dies nutzt. Dass es Euch zu besseren Lobbyisten für die Literatur macht. Kommt raus aus Eurer Nerdecke, werdet Vollprofis für die leidenschaftliche Hingabe zum Buch! Lasst Euch nicht kleinreden für das, was Ihr täglich für Literatur leistet.“

Den deutlichsten Gegenwind gab es von Stefan Holzhauer auf phantanews.de (Hervorhebungen von mir):

„[1] … Und wenn ich das lese, geht mir ordentlich der Hut hoch, wenn gefordert wird, dass Blogs sich professionalisieren müssen. Einen Scheiß müssen Blogs. Das ist allein Wunschdenken der Branche.

[2] Das “wichtigste Medium überhaupt”? Das zeugt dann doch von einiger Realitätsferne. Wie das Statistische Bundesamt kürzlich veröffentlichte, liest der Deutsche pro Woche im Durchschnitt (!) dreidreiviertel Stunde. Das ist gerade mal knapp über eine halbe Stunde am Tag und noch nicht mal allein für Bücher, da geht das Lesen von Zeitschriften und Zeitungen mit ein. Das ist im Vergleich mit der Nutzung anderer Medien (Internet, Filme, Fernsehen, Computerspiele, Apps, soziale Medien) sogar eher wenig.

Und dann kommt direkt die unsägliche Forderung nach der Professionalisierung. Wer so etwas schreibt, hat noch nicht mal ansatzweise verstanden, was Blogs eigentlich sind, und wozu sie dienen. Wer so etwas fordert, insbesondere gleich mit Hinweis auf Mediadaten, SEO, Nutzeranalysen oder Affiliate-​Anbindungen, der fordert das nicht für euch Blogger. Denn ihr kommt prima ohne so etwas aus. Wichtig sind solche Analysedaten ausschließlich für die Verlage, die unbedingt handfeste Zahlen dazu haben wollen, wie ihr ihnen genau nutzt. All dieses Professionalisieren dient letztendlich ausschließlich dazu, damit die Verlage ihre Prozesse optimieren können, vom Aufwand her und eben letztenmdlich wirtschaftlich. Wenn ihr dann alle datenschutzrechtlich möglicherweise bedenkliche Zählpixel eingebaut habt, und den Verlagen Nutzeranalysen liefert, dann könnte es schneller sein, als euch liebt ist, dass nur noch der mit den meisten Nutzern oder Zugriffen die ach so beliebten Rezensionsexemplare bekommt, über die er dann ohne Honorar schwärmen darf.

[3] Verlage geben im Gegensatz zu dem was Frau Paul sagt, sogar sehr gerne Werbebudgets für euch aus, weil sie genau wissen, wie zielgenau dieses Geld bei euren Lesern ankommt und direkt Käufe generiert, eben viel genauer als sonstige Werbemaßnahmen. Eben weil ihr für eure Leser inzwischen eine glaubwürdigere Quelle seid, als Werbung allgemein oder irgendwelche Profi-​Journalisten.

Nochmal ganz deutlich: Es geht nicht um euch, die Blogger, oder eure Blogs. Die Professionalisierung dient einzig und allein den Verlagen und deren Interessen.

[4] Und sie nennt ernsthaft “Herzblut” und “Geschäftsmodell” in einem Satz. Beklagt sich sogar darüber, dass “die Blogger” kein anderes Geschäftsmodell finden, als Herzblut. Angesichts solcher pur aufs Knetemachen ausgelegten Denke könnte ich kotzen. Nicht alles im Leben ist Geschäftsmodell. Das Herzblut, die Motivation, die Authentizität derjenigen, die für die Verlage bisher kostenlos Werbung machen, derartig abzukanzeln, ist eine Stufe von  kapitalistischer Arroganz, die ich für geradezu widerlich halte.“

Ich bin verwirrt. Und nun? Leider konnte ich auf den Bloggersessions nur zwei Stunden bleiben und die weiteren Diskussionen nicht verfolgen. Mein Literaturblog ist Herzblut. Kostet Zeit. Bringt keine Einnahmen. Meine Gastrezensenten erhalten das Rezensionsexemplar und ewigen Ruhm. Mehr nicht. Ich habe ein gutes, teilweise persönliches Verhältnis zu den PR-Abteilungen der Verlage. Soll das jetzt alles nicht mehr ausreichen? Soll das jetzt alles schlecht sein? Meine Leser vertrauen den Empfehlungen meiner Autoren. Wird das immer noch so sein, wenn ich Beiträge als Anzeige kennzeichne? Ich habe noch keine Antworten, bisher nur die eine: Ich fühle mich wohl mit meinem Modell. Nennen Sie es flauschig, Frau Paul. Und sagen Sie mir: Warum soll ich meine Komfortzone verlassen? Warum soll ich alles aufs Spiel setzen?

Zarte Frau, schonungslos: Daniela Krien liest zur Buchmesse aus „Muldental“

Daniela Krien liest. Foto Detlef M. Plaisier

Daniela Krien liest. Fotos (2): Detlef M. Plaisier

Dass Holger Mann die Moderation zur Lesung von Daniela Krien übernommen hatte, war ein kluger Schachzug. Die zehn Geschichten aus dem Erzählband „Muldental“ lassen sich nicht isoliert von der politischen und wirtschaftlichen Realität im Deutschland der (Nach-)Wendezeit lesen.

Daniela Krien liest „Freiheit“ und „Sommertag“  zwei Titel, die doch eher Hoffnung schöpfen lassen. Doch es offenbaren sich menschliche Abgründe, Auswüchse des rechtlich so genannten Beitritts von Hoffen und Scheitern bis zu persönlicher Verzweiflung ohne Ausweg. Es sind Texte, die zur Lektüre vor dem Einschlafen nicht taugen. „Ich freue mich, wenn die Geschichte stark auf den Leser wirkt“, sagt Daniela Krien. „Doch beim Schreibprozess ist das noch nicht beabsichtigt.“

Die Figuren ihrer Geschichten (oder sind es Miniaturen? Gar Gesellschaftsspitzen?) sind zum Teil angelehnt an real existierende Menschen, entstammen aber nicht der eigenen Biografie. So ist der arbeitslose und alkoholabhängige Otto aus „Sommertag“, der nach seinem Scheitern den Freitod wählt, aus einer eher beiläufigen Bemerkung bei einer Krien’schen Familienfeier heraus angelegt worden. „Da horche ich auf, mache mir Notizen, und irgendwann wird es verwendet.“ Der Kniff: Daniela Krien recherchiert nicht akribisch nach („ich bin schließlich keine Journalistin“), sondern ist bestrebt, direkt ins Literarische zu gelangen. Das Thema Spätabtreibung („Freiheit“) hat Daniela Krien besonders beschäftigt. „Ich hatte das zuvor gar nicht für möglich gehalten“, zeigt sie sich immer noch betroffen.

Lesung Daniela Krien #lbm16 19.03.2016. Foto Detlef M. Plaisier (13)An einem Leseabend während der Buchmesse drängt sich der Blick auf die Ergebnisse der jüngsten Landtagswahlen auf. Daniela Krien lässt sich bereitwillig darauf ein. Nicht alle seien nach der Wende angekommen. Bis zu zwanzig Prozent der Bevölkerung hätten sich inzwischen aus der Zivilgesellschaft verabschiedet, müssten sich von Politikern als „Pack“ beschimpfen lassen. Und ja, ihre Figur Otto könnte durchaus zu einem der PEGIDA-Spaziergänger oder AfD-Wähler geworden sein. „Ich lege meine Figuren nicht politisch an, aber einige rücken in diese Nähe.“

Holger Mann gibt einen Leseeindruck wieder, den ich teile: Daniela Krien setzt ihre Figuren nicht nur dem Mitleid der Leser aus. Sie reicht auch die Hand zur Versöhnung.

Danke für einen beeindruckenden Leseabend  abseits lauter Buchmessetöne.

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Offen in viele Richtungen: Sorbische Kultur auf der Leipziger Buchmesse

Das sorbische Podium auf der Leipziger Buchmesse 2016. Foto Detlef M. Plaisier

Das sorbische Podium auf der Leipziger Buchmesse 2016. Foto Detlef M. Plaisier

Etwa 60.000 Menschen werden dem sorbischen Kulturkreis zugerechnet, so eine Schätzung aus der Wendezeit. Davon leben rund zwei Drittel in der sächsischen Oberlausitz. Geschätzt 20.000 bis 25.000 Menschen sprechen noch aktiv Sorbisch. Das Sorbische kennt zwei Haupt-Schriftsprachen: Obersorbisch, dem Tschechischen  und Slowakischen nahestehend, und Niedersorbisch, das der polnischen Sprache ähnlicher ist. Dazu gibt es zahlreiche Grenzdialekte. Die ersten Druckerzeugnisse in beiden Sprachen waren übrigens Werke von Martin Luther. Niedersorbisch ist akut vom Aussterben bedroht (hier bereits 2003 beschrieben). Dies ist eine besondere Herausforderung für Künstler sorbischer Sprache.

Zwischen den sorbischen Literaten gibt es seit Jahrhunderten Ost-West-Kontakte. Diese Linien werden jetzt in der überregionalen deutschen Zeitschrift für Literatur und Kunst BAWÜLON nachvollzogen. Die Publikation aus dem Ludwigsburger POP-Verlag fühlt sich der europäischen Idee verpflichtet. Die Ausgabe 1/2016 vereint Sorben und ihre Freunde in einer prachtvollen Edition auf über 270 Seiten.

Sorbischer Dudelsack. Foto Detlef M. Plaisier

Sorbischer Dudelsack. Foto Detlef M. Plaisier

Speerspitze der sorbischen Kultur ist die Domowina, der Bund Lausitzer Sorben e. V., der im Jahr 1912 einhundert Jahre seines Bestehens feierte. Jedes Jahr in Bautzen wird ein internationales Fest der sorbischen Poesie gefeiert. Ebenfalls in Bautzen vertritt seit 1958 der Domowina-Verlag als Nationalitätenverlag der Sorben das sorbische Schrifttum. In der Reihe „Die sorbische Bibliothek“ wird sorbische Literatur in deutscher Sprache verlegt, es gibt sorbische Kinderbücher, und Schulen werden mit Lehrmaterial in sorbischer Sprache versorgt. In der Smoler’schen Verlagsbuchhandlung mit Antiquariat steht die gesamte Palette sorbischer Literatur zur Verfügung.

Mein persönlicher Kontakt zur sorbischen Kultur ist Marion Quitz, vielseitige Künstlerin mit Wohnsitz Leipzig und Frontfrau der sorbischen Band Kupazukow. Ihr Engagement zeigt mir, welchen Stellenwert das Gefühl der Heimat im Leben hat. Ich habe das erst spät erkannt. Mein Weg nach Ostfriesland ist der Ausdruck dieses Gefühls.

Plädoyer für einen offenen und liberalen Islam: Die Ahmadiyya Muslim Jamaat-Gemeinschaft auf der Leipziger Buchmesse

Die Leipziger wissen es: Die Ahmadiyya Muslim Jamaat-Gemeinde will im Stadtteil Gohlis eine Moschee errichten. Es gab heftige Proteste, das Baugrundstück wurde zweimal geschändet. Abdullah Uwe Wagishauser, 1976 zum Islam konvertiert und seit 1984 amtierender Bundesvorsitzender der Glaubensgemeinschaft, kennt Leipzig inzwischen gut.  Auf der Buchmesse erläuterte er jetzt die Friedensbotschaft des Islam. Mitglieder der Gemeinschaft verteilten Informationsbroschüren mit der Botschaft „Liebe für alle – Hass für keinen“. 

Abdullah Uwe Wagishauser in Leipzig. Foto Detlef M. Plaisier

Abdullah Uwe Wagishauser in Leipzig. Foto Detlef M. Plaisier

Die Ahmadiyya Muslim Jamaat wurde 1889 in Pakistan von dem späteren ersten Kalifen Hazrat Mirza Ghulam Ahmad gegründet. Der Gründer veröffentlichte bereits 1882 „Beweise für die Wahrhaftigkeit des Islams“. Ahmad hielt sich selbst für den Reformer des 14. Islamiaschen Jahrhunderts und gleichzeitig auch für „den erwarteten, verheißenen Messias und Mahdi“ mit dem Anspruch, die Muslime zu reformieren. Damit stehen die Ahmadiyya im Gegensatz zu allen anderen islamischen Religionsrichtungen.

Abdullah Wagishauser nimmt eine klare Einordnung der Ahmadiyya vor: „Wir sind eine dynamische Bewegung und sehen uns als liberal, aber wertekonservativ.“ Die Bewegung stehe zu den Werten des Islam, gestatte aber auch, den Glauben wissenschaftlich und kritisch zu hinterfragen.  Klar wende sich die Ahmadiyya gegen eine Radikalisierung des Islam: „Ein Salafist traut sich nicht, mit einem Ahmadi zu diskutieren“, so jüngst geschehen bei Sandra Maischberger, als Maryam Hübsch zugunsten von Pierre Vogel ausgeladen worden sei. „Ein Terrorist sollte auch so benannt werden. Die Quellen des Islam lehren Frieden, und dafür führen wir auch innerhalb des Islam eine Auseinandersetzung.“

Für Ahmadis, so Wagishauser, sei es selbstverständlich, loyal zu ihrem Gaststaat zu stehen. Im übrigen sei es an der Zeit, vermeintlich islamische Schreckensbegriffe wie „Sharia“ und „Dschihad“ zu entmystifizieren. So bedeute „Sharia“ nichts anderes als „Weg zur Quelle“ und keineswegs den Vollzug islamischen Rechts mit drastischen Strafen. „Und ich sehe mich selbst als Dschihadist – als Bildungsdschihadist“, betont Wagishauer mit Hinweis auf das hohe Bildungsniveau der jungen Mitglieder von Ahmadiyya.  Und noch einen Punkt öffentlicher Auseinandersetzung spricht Wagishauser an: Das Verhältnis zu Frauen basiere auf der Forderung des Propheten Mohammed „Der Beste unter Euch ist derjenige, der seine Frau am besten behandelt“.

Ein Frage- und Antwortspiel mit zwei Publikumsfragen an einem Sonntagnachmittag kann nicht alle offenen Fragen klären. Ich hatte im November 2013 die Gelegenheit, mich auf einer Tagesfahrt in der Khadiya-Moschee Berlin-Heinersdorf zu informieren. Zu mehreren Anlässen in Leipzig konnte ich mit Imam Said Ahmad Arif sprechen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Frieden für Muslime wie für Christen ein Grundanliegen ist und dass es sich immer lohnt, miteinander ins Gespräch zu kommen. 

Mein „Tag der Kriegsenkel“ auf der Leipziger Buchmesse

Der erste Buchmessetag 2016 war mein „Tag der Kriegsenkel“. Am Nachmittag überreichte ich dem Acabus Verlag das Manuskript der Lebensbiografie meines Vaters, die zu weiten Teilen vom Thema Kriegsenkel durchzogen ist. Am Vormittag stellten die Autoren Raymond Unger („Die Heimat der Wölfe“) und Matthias Lohre („Das Erbe der Kriegsenkel. Was das Schweigen der Eltern mit uns macht“) ihre Bücher zum unverarbeiteten Kriegstraumata vor. Die Parallelen sind verblüffend.

Raymond Unger auf der Leipziger Buchmesse 2016. Foto Detlef M. Plaisier

Raymond Unger auf der Leipziger Buchmesse 2016. Foto Detlef M. Plaisier

Raymond Unger (Jahrgang 1963) legt ein „anderes“ Kriegsenkelbuch vor: kein Sachbuch, sondern eine in Anekdoten erzählte Familiengeschichte, die Persönliches seiner Vorfahrengenerationen aus Bessarabien (heute Moldawien) mit europäischer Geschichte verwirkt. Unger nutzt dafür eigene Erinnerungen, Tagebücher und Tonbandaufzeichnungen. „Vor fünf, sechs Jahren“, so der Autor, der auch als Kunstmaler, Coach und Psychotherapeut tätig ist, „hätte ich den Begriff Kriegsenkel noch gar verwendet. Ich hätte ein Buch über Familientraditionen, über Sucht und fundamentale Religionen geschrieben.“ Doch während der Arbeit sei ihm klar geworden, dass es tiefere Gründe gebe für akute Probleme in Familienstrukturen: „Die verkannten Kriegstraumata der Großeltern- und Elterngeneration, die Dämonen der 1940er Jahre, konnten weder durch Alkohol noch durch exzessive Hobbys gebändigt werden. Und ich, kinderloser Angehöriger der Babyboomer-Generation, beende jetzt den Reigen der Weitergabe und steche die giftigen Blasen auf.“

Ich habe erste Kapitel gelesen. Wie mein Vater, erzählt Unger nicht zeitlich chronologisch, sondern setzt im Erzählfluss zeitliche und örtliche Orientierungsmarken für den Leser. Seine Familienchronik, beginnend im Jahr 1924, drei Jahre vor der Geburt meines Vaters, zeichnet ebenso ein Sittengemälde der Zeit: hier Überleben und Anpassung im Dritten Reich, dort der allmähliche Verfall des deutschen Wirtschaftswunders. Die Wahl eines anekdotischen Familienromans erweist sich als richtig: So wird der Stoff prägnanter und zugleich unterhaltsamer.

„Die Elterngeneration krempelte die Ärmel auf, um die äußeren Trümmer zu beseitigen. Die seelischen Trümmer zu beseitigen – das ist Aufgabe der Enkel.“

Dieses Zitat vom Kriegsenkel-Kongress in Göttingen umreißt klar die Aufgabe: Nicht verdrängen, sondern sich in den (Gegen-)Wind stellen, zuhören und kraftvoll bewältigen. Doch das geht nicht ohne Hilfe der Alten, ohne  Unterstützung derer, die nur selten ihr Schweigen über erlebtes Grauen brechen und ihre Traumata stumm weitergeben. Matthias Lohre (Jahrgang 1976) ist Politikjournalist in Berlin. Sein Ansatz: Nicht verarbeitete Traumata der Großelterngeneration erzeugen bei Kriegsenkeln mangelndes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle und diffuse Ängste. Sie leiden unter einer Katastrophe, die sie selbst nicht erlebt haben. Lohre beginnt seine Nachforschungen nach dem Tod seines Vaters Ende 2012, geht die Wege seiner Eltern (Jahrgänge 1931 und 1937) nach, spricht mit noch lebenden Verwandten und zieht Therapeuten hinzu. Er muss „mitten hinein springen ins tiefe Dunkle, was uns trennt.“ Die mögliche Lösung ist Versöhnung.

Videointerview mit dem Autor hier
Lesungstipp: Matthias Lohre liest am Freitag, 22. April 2016, ab 19:00 zum „Elbe Day“ in der Stadtbibliothek Torgau.

www.kriegsenkel.de

„Ich glaube, dass meine Götter lachen“ – ein vergnügliches Geburtstagsständchen für Janosch

Nein, Janosch war nicht selbst anwesend. Die Reise von Teneriffa nach Leipzig war ihm denn doch zu beschwerlich, und auch die Augen sind nicht mehr die besten. „85 Jahre Janosch“ war als Geburtstagsfeier im Rahmenprogramm der Leipziger Buchmesse angekündigt. Das Fehlen des Geburtstagskindes sorgte nur kurz für Erstaunen und Enttäuschung. Dafür sorgte Thomas Bille, scharfzüngiger Feuilletonist, Rezitator und Moderator bei MDR FIGARO und den „Leipziger Gesprächen“. Nach einer einführenden Lesung aus „Löwenzahn und Seidenpfote“ und „Lukas Kümmel“ plauderte er auf dem Sofa kurzweilig mit Verlagsleiterin Dr. Katharina E. Meyer über Facetten und Geheimnisse aus dem Leben von Janosch. Ihr Vater Andreas J. Meyer hatte 1957 den Merlin Verlag gegründet, aus dem 1987 der Little Tiger Verlag entstand. Er zeichnet verantwortlich für alle Non-Book-Papierartikel und die Holztigerenten von Janosch. „Merlin-Meyer“ und Janosch verbindet eine Zusammenarbeit und ein Vertrauensverhältnis über Jahrzehnte.

Thomas Bille liest Janosch

Thomas Bille liest Janosch

In einem Interview zu seinem 80. Geburtstag sagte Janosch:

„Ich kenne mich ja selbst nicht und halte mich manchmal für einen verhinderten Mörder. Ich will doch gar nicht gewürdigt werden. Ich bin froh, wenn ich ungesehen durchs Leben komme.“

Ist Janosch also ein schwieriger Mensch? Zumindest dann, wenn es um den bürgerlichen Horst Eckert aus dem schlesischen Zabrze geht. Legendär ist ein TV-Interview auf der Frankfurter Buchmesse Ende aus dem Jahr 1977, als er auf eine entsprechende Frage antwortete „Ich bin der Janosch“, immer wieder. Warum das so ist, können Fans in der beeindruckenden Biografie von Angela Bajorek zum 85. Geburtstag nachlesen. Noch nie zuvor hat Janosch so viel von sich preisgegeben. In Interviews mit sich selbst („Lebenskunst“) zeichnet Janosch das Bild eines grantelnden Misanthropen, erfolglos bei den Frauen, dem Grass und Handke unverständlich bleiben. Katharina Meyer kann sich zu einem klaren Urteil nicht durchringen; man dürfe Janosch nicht alles glauben und müsse auch mal tiefgründiger lesen: „Er ist ein absoluter Freidenker, und das geht nun manchmal mit allgemeinen Vorstellungen, etwa zum Frauenbild, nicht zusammen.“

Eines ist bei aller Vernebelungstaktik sicher: Janosch schätzt Wein und ein gutes Mahl. Trunk sei göttlich, meint er, und singt ein Loblied auf die Griechen und deren „ewig große Gedanken“ während der Festgelage: „Ich glaube, dass meine Götter lachen.“

Mögen ihm Trunk und Mahl stets zum Geburtstag beschieden sein, und das noch viele Jahre!

Danke für das Lesungsfoto an Andreas Artmann.